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Tag des Weines und der Rebe 2019: Versuchszentrum Laimburg präsentiert neue Erkenntnisse aus Weinbau und Önologie

Reberziehungssysteme im Südtiroler Unterland © Versuchszentrum Laimburg

Beim traditionellen „Tag des Weines und der Rebe“ am 22. August präsentierten die beiden Fachbereiche „Weinbau“ und „Önologie“ des Versuchszentrums Laimburg aktuelle Forschungsergebnisse. Das Programm der diesjährigen Ausgabe zeigte sich besonders mannigfaltig und interdisziplinär, denn es umfasste nicht nur Themen aus Weinbau und Önologie, sondern auch damit eng in Verbindung stehende Fragestellungen aus Lebensmittelchemie, Pflanzenschutz und Molekularbiologie. Auch dieses Jahr nahmen wieder knapp 100 Weinbauexperten und Önologen an der Tagung teil.

„Ich freue mich, dass diese Veranstaltung des Versuchszentrums Laimburg dieses Jahr hier bei uns in der neuen Kellerei Bozen stattfindet und bin überzeugt, dass die heute vorgestellten Ergebnisse den Südtiroler Weinbau und die Südtiroler Kellerwirtschaft voranbringen werden“, sagte der Obmann der Kellerei Bozen Michael Bradlwarter.

Der „Tag des Weines und der Rebe“ des Versuchszentrums Laimburg hatte in den 1990er-Jahren als „Tag der Kellerwirtschaft“ begonnen und sich über die Jahre zu einer traditionellen Veranstaltung für Wissenstransfer und -austausch entwickelt. „Seit 2011 findet die Tagung nicht mehr am Versuchszentrum Laimburg in Pfatten statt, sondern wir gehen ganz bewusst vor Ort in die einzelnen Kellereien, um die Verbundenheit mit der Praxis und unsere Aufgabe, angewandte Forschung zum Wohle der Südtiroler Landwirtschaft und Lebensmittelverarbeitung zum Ausdruck zu bringen“, betonte Walter Guerra, Leiter des Instituts für Obst- und Weinbau am Versuchszentrum Laimburg, in seinen Grußworten zur Eröffnung der Tagung.

 

Perspektiven für die Rebzüchtung in Südtirol

Zum Auftakt referierte Thomas Letschka, Leiter des Fachbereichs „Angewandte Genomik und Molekularbiologie“ des Versuchszentrums Laimburg, über neue Methoden der Rebzüchtung, ging auf künftige Trends in der Sortenzüchtung ein und zeigte auf, welche Möglichkeiten dem Südtiroler Weinbau prinzipiell zur Verfügung stehen.

Letschka gab einen Überblick über verschiedene Methoden von der klassischen Züchtung über die Marker-gestützte Selektion, wie sie beispielsweise am Versuchszentrum Laimburg beim Apfel betrieben wird, bis hin zu Cisgenetik, bei der Gene aus derselben oder einer nah verwandten, kreuzungskompatiblen Art in das Erbgut einer Pflanze eingeschleust werden und Transgenetik, bei der artfremde DNA in das Genmaterial von Pflanzen eingeführt wird. Am Versuchszentrum Laimburg laufen Züchtungsprogramme in Bezug auf den Apfel und die Erdbeere, bislang aber nicht zur Rebe. „Seit der Entschlüsselung des Genoms verschiedener Kulturen können wir ablesen, wo im Erbgut der Pflanze beispielsweise Resistenzgene gegenüber bestimmten Krankheiten positioniert sind“, erklärte Letschka. „Mit dieser Information können wir mittels der Marker-gestützten Selektion gezielte Züchtungsarbeit durchführen, da wir genau wissen, wo im Genom die relevanten Stellen zu finden sind.“

Die neueste molekularbiologische Methode, die „Genschere“ CRISPR/Cas9 sorgte in letzter Zeit international für viel Diskussion: Das Ergebnis dieses „Genome editings“, das es erlaubt DNA gezielt zu schneiden und somit einzelne Gene bzw. DNA-Bausteine umzuschreiben, ist nämlich von spontaner Mutation nicht unterscheidbar, da man den Eingriff der „Genschere“ nicht nachweisen kann. In den USA fällt die Methode nicht unter das Gentechnikgesetz, in Europa hingegen schon, da das Vorsorgeprinzip gilt, d. h. nicht nur das Resultat zählt, sondern auch der Weg, wie es erreicht wurde.

Weinreben gehören zu den Kulturen mit dem höchsten Verbrauch an Fungiziden, welche in der Folge die Trauben und auch den daraus gewonnenen Wein belasten können. Durch die gezielte Züchtung pilzresistenter Rebsorten (sog. PIWI-Sorten) wird ein geringerer Bedarf an Pflanzenschutzmitteln angestrebt. „Eine Reduktion des Fungizideinsatzes durch den Anbau neuer pilzwiderstandsfähiger Rebsorten würde den Weinbau in Südtirol noch nachhaltiger gestalten, und das gleichsam für den Landwirt und den Konsumenten“, erläuterte Letschka.

 

Projekt PinotBlanc – Steigerung der Qualität des Südtiroler Weißburgunders

Weine der Rebsorte Weißburgunder (Pinot blanc) zeichnen sich durch einen relativ hohen Säuregehalt und eine frisch-fruchtige Aromatik aus. Die typische Stilistik des Südtiroler Weißburgunders leidet jedoch unter der Klimaerwärmung. Im Projekt PinotBlanc, das vom Europäischen Fonds für regionale Entwicklung (EFRE) im Rahmen des Programms „Investitionen in Wachstum und Beschäftigung“ 2014–2020 gefördert wird, werden unter der Leitung von Weinbauexperte Florian Haas die qualitätsgebenden Aroma- und Inhaltsstoffe des Weißburgunders sowie deren Abhängigkeit von der Anbaulage erfasst. Ziel des Projekts ist es zu ergründen, wie man die Qualität des Weißburgunders steigern und diese Sorte im alpinen Weinbau fördern könnte.

Dazu wurden in den vier Gemeinden Nals, Terlan, Eppan und Tramin acht repräsentative Weißburgunder-Anlagen ausgewählt, wobei die Hälfte der Anlagen jeweils unter 550 m. ü. d. M. und die andere Hälfte darüber bis hin zu 730 m. ü. d. M. liegt. In diesen Anlagen wurden agronomische Erhebungen angestellt, die Trauben zu zwei verschiedenen Zeitpunkten (früh vs. spät) gelesen, mikrovinifiziert und die somit erhaltenen Weine verschiedenen sensorischen sowie chemischen Analysen unterzogen.

Florian Haas und Ulrich Pedri, die Leiter der Arbeitsgruppe „Physiologie und Anbautechnik“ bzw. des Fachbereichs „Önologie“ berichteten über den aktuellen Stand des Projekts und erläuterten erste Zwischenergebnisse. „In unseren Untersuchungen haben wir deutliche Unterschiede zwischen den Jahrgängen und auch zwischen den Standorten sowohl in der Sensorik als auch hinsichtlich der Analytik beobachtet. Interessanterweise zeigte der Lesezeitpunkt einen stärkeren Einfluss auf das Geruchs- und Geschmacksbild als der Faktor Standort“, äußerte sich Ulrich Pedri zu den ersten Ergebnissen der önologischen Untersuchungen. „Insgesamt gesehen wurden in der sensorischen Analyse Weine aus Trauben, die zum späteren Zeitpunkt gelesen worden waren, bevorzugt. In der aktuellen klimatischen Situation zeigten die tieferen Standorte keine schlechteren Typizitäts- und Komplexitätseindrücke als die höheren Lagen, d. h. man ist aus heutiger Sicht auch in tieferen Standorten noch in der Lage, eine gute Weinqualität zu erzeugen. An den hochgelegenen Standorten machte sich die Säure hingegen besonders bemerkbar.“

 

Prüfung von Spätburgunderklonen

Unter den Burgundersorten zeigt vor allem der Blauburgunder eine interessante genetische Vielfalt. Am Versuchszentrum Laimburg werden im Projekt „Prüfung von neuen deutschen Spätburgunderklonen“ verschiedene Klone auf ihre Anbaueignung hin geprüft und die daraus hergestellten Weine önologisch untersucht. Im Mittelpunkt standen dabei vor allem der Freiburger Klon FR 1801 sowie der Geisenheimer Klon Gm 20-13, die aufgrund ihrer Mischbeerigkeit auffallen und daher kaum anfällig für Botrytis und Essigfäule sind. Zum Vergleich wurde darüber hinaus der kleinbeerige französische Klon 165 herangezogen, da es sich hierbei um den in den letzten Jahren in Südtirol am häufigsten angebauten Klon handelt und er gewissermaßen den Südtiroler Standard darstellt. Josef Terleth, Leiter der Arbeitsgruppe „Rebsorten und Pflanzgut“, erläuterte die weinbaulichen Unterschiede zwischen den Klonen, während Christoph Patauner, Leiter der Arbeitsgruppe „Weinbereitung in Anbaufragen“, die Klone aus önologischer Sicht vorstellte. „Unsere Untersuchungen haben gezeigt, dass die deutschen Spätburgunderklone FR 1801 und GM 20-13 eine positive Ergänzung zu den französischen Qualitätsklonen darstellen“, unterstrich Terleth. „FR 1801 und Gm 20-13 werden mit zunehmendem Alter der Rebstöcke immer ertragsbeständiger und sind farbintensiver als der französische Klon 165. In Summe sind sie als gebietstypische Blauburgunder-Weine zuordenbar, d. h. durch diese Klone wird die Typizität der Südtiroler Blauburgunderweine nicht verändert.“

 

Bekämpfung der Kirschessigfliege (Drosophila suzukii)

Die aus Südostasien stammende invasive Kirschessigfliege (Drosophila suzukii) verursacht seit 2011 erhebliche Schäden in der Landwirtschaft. Besonders betroffen sind das Beeren- und Steinobst sowie Trauben der lokalen Rebsorte Vernatsch. Das Versuchszentrum Laimburg arbeitet an der Entwicklung möglicher Strategien zur Bekämpfung des Schädlings. Silvia Schmidt, Expertin für „Invasive Schädlinge“ der Arbeitsgruppe „Entomologie“ gab einen Überblick über die verschiedenen Forschungsansätze für mögliche Bekämpfungsstrategien wie die Behandlung mit Pflanzenschutzmitteln, den Massenfang mit Köderfallen oder aber den Einsatz natürlicher Gegenspieler wie etwa der Schlupfwespe Trichopria drosophilae, die die Puppe der Kirschessigfliege parasitiert.

Im Projekt DROMYTAL entwickelt ein interdisziplinäres Forscherteam ein innovatives Bekämpfungsverfahren, das auf einer sog. „Attract-and-Kill-Strategie“ beruht: Dazu entwickeln die Experten einen Hefelockstoff, dem ein geeignetes Fraßinsektizid zugesetzt wird, und als Formulierung in einer Köderfalle den Schädling auf gezielten Flächen anlockt und tötet. Entomologen und Chemiker des Versuchszentrums Laimburg ergründen zusammen mit Experten der chemischen Ökologie der Freien Universität Bozen, welche in den Hefen enthaltenen Moleküle für die Kirschessigfliege am attraktivsten sind. „Inzwischen konnten wir zwei Hefen identifizieren, H. uvarum und S. vini, die die Fliegen sehr gut anziehen und die die Fliegen gerne fressen. In diesen Tagen starten wir mit Freilandversuchen und für nächstes Jahr erhoffen wir uns eine geeignete Formulierung für die Behandlung im Freiland entwickeln zu können“, berichtete Schmidt und betonte: „Ein Vorteil dieses Ansatzes liegt darin, dass die Insektizidaufwandmenge pro Hektar reduziert wird und die Höhe der Rückstandsbelastung mit Insektiziden an Früchten bei gleichzeitig verbesserter Wirksamkeit vermindert werden kann.“ Das Projekt DROMYTAL wird vom Europäischen Fonds für regionale Entwicklung (EFRE 2014–2020, „Investitionen in Wachstum und Beschäftigung") finanziert.

 

Das Labor für Rückstände und Kontaminanten

Im Labor für Rückstände und Kontaminanten des Versuchszentrums Laimburg werden landwirtschaftliche Lebensmittel auf Rückstände von Pflanzenschutzmitteln hin untersucht. Diese Untersuchungen finden einerseits für Forschungsprojekte anderer Arbeitsgruppen des Versuchszentrums statt, andererseits werden sie auch als Dienstleistungen für Landwirte, Genossenschaften und Verbände angeboten.

Laborleiter Andrea Lentola gab einen Überblick über die Tätigkeiten des Labors und erläuterte insbesondere die Dienstleistungen, die im Hinblick auf die Analyse von Rückständen auf Trauben und im Wein angeboten werden. Mithilfe gängiger Extraktionsverfahren werden eventuelle Rückstände von Pflanzenschutzmitteln (Fungizide, Insektizide, Herbizide) aus den Proben gelöst und nach Aufreinigung an verschiedenen Laborinstrumenten, die auf Massenspektrometrie gekoppelt an Gaschromatographie (GC-MS) oder Flüssigkeitschromatographie (LC-MS) basieren, analysiert.

 

Verkostung von Versuchsweinen

Bei einer Weinverkostung hatten die Tagungsteilnehmer die Gelegenheit verschiedene Weine aus den Versuchen zu den Blauburgunder-Klonen, zum Projekt PinotBlanc sowie zu einem Unterlagenvergleich zu verkosten.

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