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Pressekonferenz - Forschung zur Apfeltriebsucht am Versuchszentrum Laimburg: Ergebnisse und Perspektiven aufgezeigt

In einer Pressekonferenz am Donnerstag, 09.05.2019 hat das Versuchszentrum Laimburg die bisherigen Ergebnisse seiner Forschung zur Apfeltriebsucht vorgestellt und erläutert, worauf der Fokus künftiger Untersuchungen liegen wird.

von li.: Katrin Janik und Stefanie Fischnaller; Robert Wiedmer, Georg Kössler und Michael Oberhuber; Für alle anderen Abbildungen gilt: © Versuchszentrum Laimburg

Bei der Apfeltriebsucht, dem sogenannten „Besenwuchs“, handelt es sich um eine Infektionskrankheit des Apfelbaums, die große wirtschaftliche Schäden verursachen kann, da sie zu Kleinfrüchtigkeit und damit Ertragsminderung führt und infizierte Bäume sofort gerodet werden müssen. Ausgelöst wird die Krankheit durch Bakterien, den Phytoplasmen, die von bestimmten Insekten – nämlich dem Sommerapfelblattsauger (Cacopsylla picta) und dem Weißdornblattsauger (Cacopsylla melanoneura) – verbreitet werden. In der Vergangenheit ist der Befall in Südtirol wellenförmig aufgetreten, wobei die letzte große Befallswelle im Jahr 2013 ihren Höhepunkt hatte. „Die Apfeltriebsucht ist die bedrohlichste Krankheit für die Südtiroler Landwirtschaft“, betonte der Direktor des Versuchszentrums Laimburg Michael Oberhuber. „Darum ist es Ziel unserer Forschung, eine erneute Welle frühzeitig zu erkennen und mit wirksamen Strategien zu verhindern.“ Am Versuchszentrum Laimburg sind inzwischen zwei Projekte zur Apfeltriebsucht abgeschlossen worden. „Als damals die ersten Symptome beobachtet wurden, waren unsere Obstbauern natürlich entsprechend besorgt“, berichtete der Obmann des Verbands der Südtiroler Obstgenossenschaften VOG, Georg Kössler. „Wir sind froh, dass es durch die gute Zusammenarbeit mit dem Versuchszentrum Laimburg und dem Beratungsring für Obst- und Weinbau möglich war, in einer relativ kurzen Zeitspanne wirksame Mittel zu finden, um diese Krankheit einzudämmen. Da jedoch zu befürchten ist, dass die Krankheit wiederkehrt, ist es auch in Zukunft notwendig, die Apfeltriebsucht zu beobachten und weiterhin Forschung zu betreiben“, betonte Kössler.

Forschung zur Apfeltriebsucht am Versuchszentrum Laimburg

Bei der Apfeltriebsucht handelt es sich um ein komplexes Problem, da Interaktionen zwischen Pflanze, Bakterium, Insekt und Umwelteinflüssen sowie abiotischen Faktoren untersucht werden müssen. Um zielgerichtete Strategien zur Bekämpfung der Apfeltriebsucht entwickeln zu können, sind zunächst Kenntnisse über Verbreitung und Biologie der Überträgerinsekten von entscheidender Bedeutung. In Zusammenarbeit mit dem Südtiroler Beratungsring für Obst- und Weinbau und der Fondazione Edmund Mach in San Michele all’Adige (TN) forscht das Versuchszentrum Laimburg seit mehreren Jahren an der Krankheit und hat dabei Ergebnisse erreicht, die auch national und international Anerkennung finden. Unter der Leitung von Katrin Janik studierte das Forscherteam am Versuchszentrum Laimburg die Biologie der beiden bekannten Überträgerinsekten und untersuchte wie sich die Krankheit entwickelt und ausbreitet. Dazu wurden die bekannten Überträgerinsekten – Weißdorn- und Sommerapfelblattsauger – überwacht und Befallserhebungen in den Obstanlagen durchgeführt.

Systematische Befallsüberwachungen

Zusammen mit dem Südtiroler Beratungsring für Obst- und Weinbau hat das Versuchszentrum Laimburg den Apfeltriebsuchtbefall in Südtirol monitoriert und Befallszahlen in den einzelnen Bezirken erhoben. „Die systematische Befallsüberwachung in den Apfelanlagen ist der erste wichtige Schritt bei der Entwicklung einer Strategie zur Bekämpfung der Krankheit“, sagte der Koordinator des Südtiroler Beratungsrings für Obst- und Weinbau, Robert Wiedmer. Wichtiges Anliegen der Zusammenarbeit zwischen Versuchszentrum und Beratungsring war es dabei, neue Erkenntnisse zur Krankheit sofort an die Landwirte weiterzugeben und damit Forschung und Praxis direkt zu verbinden. „Wir haben den Landwirten erklärt, wie sie befallene Bäume identifizieren können und dass es wichtig ist, befallene Pflanzen sofort zu roden“, berichtete Wiedmer. „Durch dieses systematische Monitoring sowie unsere Aufklärungs- und Sensibilisierungsarbeit ist es uns gelungen, die Befallszahlen auf ein niedrigeres Niveau zu drücken“.  

Bedeutsame Erkenntnisse zur Übertragung der Krankheit

Am Versuchszentrum Laimburg wurde darüber hinaus Grundlagenforschung zur Apfeltriebsucht betrieben. Katrin Janik und ihr Team untersuchten wie der Erreger übertragen wird und welche molekularen Mechanismen ablaufen, wenn sich die Krankheit in der Pflanze entwickelt. Diese Erkenntnisse könnten als möglicher Angriffspunkt für eine Bekämpfung der Krankheit dienen. Eine der bedeutsamsten Ergebnisse des Forscherteams betrifft die Übertragung der Krankheit: „Wir konnten zeigen, dass der Apfeltriebsuchterreger direkt vom infizierten Muttertier auf seine Nachkommen übertragen werden kann, ohne dass es dafür die Pflanze als Wirt braucht“, erklärte Janik. 

Gibt es weitere Überträgerinsekten?

Gibt es außer dem Sommerapfelblattsauger und dem Weißdornblattsauger noch andere Insekten, die den Apfeltriebsuchterreger übertragen können? Auch mit dieser Frage hat sich das Forscherteam am Versuchszentrum Laimburg befasst. In 50 Apfelanlagen wurden etwa 140.000 Klopfproben pro Jahr durchgeführt und auf diese Weise 31.485 Zikaden gesammelt, die dann entomologisch bestimmt wurden. „Im Agro-Ökosystem „Apfel-Ertragsanlage“ konnten wir 16 verschiedene Blattsauger- und 95 verschiedene Zikadenarten nachweisen. Darunter sind uns sogar einige Erstnachweise für Südtirol gelungen, wie etwa die Orientzikade (Orientus ishidae), die Asymmetrasca decedens oder die Edwardsiana ulmiphagus“, berichtete Stefanie Fischnaller von der Arbeitsgruppe Entomologie. Diese Arten wurden daraufhin im Labor für Molekularbiologie auf eine mögliche Infektion mit dem Apfeltriebsuchterreger hin analysiert. Um verschiedene und möglichst zahlreiche Insekten systematisch untersuchen zu können, hat das Forscherteam um Katrin Janik eine Hochdurchsatzanalysemethode entwickelt: „Mit dieser Methode können wir nicht nur Zikaden, sondern auch andere Insekten untersuchen und feststellen, ob sie mit dem Apfeltriebsuchterreger infiziert sind oder nicht. Wir können damit auch bestimmen, welche Mengen des Bakteriums in einem infizierten Tier enthalten sind, was wiederum Rückschlüsse darauf zulässt, ob das Insekt als Überträger in Frage kommt oder nicht“, erklärte Janik.

Die Ergebnisse der Untersuchungen sprechen eine klare Sprache: „Der Sommerapfelblattsauger ist der wichtigste Überträger der Apfeltriebsucht in Südtirol“, erläuterte Entomologin Stefanie Fischnaller. „Obwohl zwar die Anzahl dieser Insekten in den letzten Jahren zurückgegangen ist, ist der prozentuale Anteil infizierter Exemplare gestiegen, sodass die Infektionsrate nun bei über 20 % liegt. Das bedeutet, dass auch bei wenigen Tieren in einer Anlage ein hohes Risikopotenzial herrscht.“ Es empfiehlt sich darum, weiterhin wachsam zu sein. Die Experten haben dagegen bislang keinen Hinweis darauf gefunden, dass in Südtirol weitere Überträgerinsekten aus der Gruppe der Zikaden auftreten.

Ausblick: Wie geht die Forschung zur Apfeltriebsucht am Versuchszentrum Laimburg weiter?

Die Forschung zur Apfeltriebsucht wird fortgesetzt, um gegen eine erneute Welle gerüstet zu sein. Dabei wird das Forscherteam um Katrin Janik auf drei Ebenen vorgehen: Kurzfristig wird auf Expertenaustausch und Anwendersensibilisierung gesetzt. Gemeinsam mit dem Südtiroler Beratungsring für Obst- und Weinbau soll ein Notfallplan entwickelt werden, um die Krankheit einzudämmen. Mittelfristig sollen Apfeltriebsuchtresistente Unterlagen erprobt und die molekularen Grundlagen der Resistenz aufgeklärt werden. Längerfristig geht es darum, mittels Grundlagenforschung das Verständnis der Krankheit zu vertiefen. Welche sind die molekularen Faktoren, die die Krankheit auslösen? Wie manipulieren die Bakterien die Pflanze? Und mit welchen mikrobiellen Gegenspielern könnte man die Überträgerinsekten regulieren?

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