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Interreg-Projekt AppleCare abgeschlossen: Therapie zur Heilung der Birkenpollenallergie durch Apfelkonsum am Versuchszentrum Laimburg vorgestellt

Im Projekt AppleCare hat ein Forscherteam unter der Leitung des Versuchszentrums Laimburg eine natürliche Therapie zur Heilung der Birkenpollenallergie durch den Konsum von Äpfeln entwickelt. Diese Therapie wurde am Mittwoch, 04.12.2019, am Versuchszentrum Laimburg vorgestellt.

Das Team des Projekts AppleCare ©VZL

„Ein Apfel am Tag und der Doktor kann bleiben, wo er mag“ – so heißt es im Volksmund. Dass die Weisheit aber durchaus auch eine wissenschaftliche Grundlage hat, konnte nun einmal mehr gezeigt werden: Im Projekt AppleCare hat ein interdisziplinäres Forscherteam unter der Koordination des Molekularbiologen Thomas Letschka vom Versuchszentrum Laimburg nun eine Therapie der Birkenpollenallergie entwickelt, die auf dem Konsum von Äpfeln beruht. Am Projekt beteiligt waren neben dem Versuchszentrum Laimburg auch die Abteilung Dermatologie des Südtiroler Gesundheitsbetriebs, sowie das Institut für Organische Chemie der Universität Innsbruck und die Klinik für Dermatologie, Venerologie und Allergologie der Medizinischen Universität Innsbruck. Am 4.12.2019 stellte das Forscherteam nun die Therapie am Versuchszentrum Laimburg der Öffentlichkeit vor. Dabei kam auch eine Patientin zu Wort, die seit Jahren an der Birkenpollenallergie leidet, Äpfel nicht verträgt, und sich als eine der Testpersonen an der Studie des Projekts AppleCare beteiligt hat.


Ziel: Natürliche Behandlung der Birkenpollenallergie ohne synthetische Medikamente
„Bei einer Allergie handelt es sich um eine entzündliche Fehlreaktion des Immunsystems auf eine bestimmte Substanz“, erklärte Klaus Eisendle, Primar der Abteilung Dermatologie am Krankenhaus Bozen. „Beim ersten Kontakt bildet der Körper Antikörper gegen diese Substanz, bei jedem weiteren Kontakt kommen immer mehr Antikörper hinzu, bis es zu einer Überreaktion des Körpers kommt, der sich typischerweise in Symptomen wie Schwellungen, Rötungen, chronischer Müdigkeit etc. äußert.“ In Südtirol leiden 20 bis 25 % der Bevölkerung an Allergien. Die wichtigsten Auslöser sind Pollen, Haustiere oder Milben.
Die Birkenpollenallergie erreicht zwischen März und April ihren Höhepunkt und betrifft etwa jeden fünften Menschen in Mitteleuropa. Diese Anzahl steigt jedes Jahr deutlich an, auch in Tirol und Südtirol. Die häufigsten Symptome sind geschwollene und gerötete Schleimhäute, Niesreiz und Fließschnupfen, brennende, tränende, geschwollene Augen sowie Abgeschlagenheit bis hin zu Kopfschmerzen. Viele Patienten sind gezwungen, auf synthetische Präparate zurückzugreifen, um ihre Beschwerden einzudämmen oder sich einer aufwändigen und langwierigen Hyposensibilisierungstherapie zu unterziehen.
Angesichts dessen war es Ziel des Projekts AppleCare, eine natürliche Immuntherapie zur Heilung der Birkenpollenallergie zu entwickeln. Bei einer Immuntherapie führt man dem Körper die allergene Substanz in geringen Dosen zu und steigert diese dann allmählich, bis der Körper sich daran gewöhnt hat und die Substanz nicht mehr als fremd erkennt“, erklärte Bettina Nothegger von der Medizinischen Universität Innsbruck.
Ausgangspunkt für das Projekt war die Beobachtung, dass Birkenpollenallergiker auch auf Äpfel allergisch reagieren und dieselben Symptome zeigen.


Kreuzreaktion zwischen Apfel und Birkenpollen
Wie funktioniert die Therapie nun eigentlich? Zur Entwicklung der Immuntherapie hat sich das interdisziplinäre Forscherteam die strukturelle Ähnlichkeit zwischen dem Birkenpollenprotein, welches die allergische Reaktion auslöst, und einem verwandten Eiweiß im Apfel zunutze gemacht.
In einigen Früchten wie insbesondere in Äpfeln aber auch in Pfirsichen oder Kirschen und in Gemüsesorten wie Karotten, Sellerie, Fenchel und Nüssen sind nämlich Proteine enthalten, die dem Birkenpollenallergen sehr ähnlich sind und daher die klassischen Allergiesymptome auslösen können. In diesem Fall handelt es sich um eine Kreuzallergie. In der Tat sind das Apfelallergen (Mal d 1) und das Birkenpollenallergen (Bet v 1) kaum voneinander zu unterscheiden. Diese Ähnlichkeit wurde nun im Projekt AppleCare genau untersucht, um eine natürliche Therapie zur Behandlung der Birkenpollenallergie zu entwickeln.
Das Grundprinzip der Therapie ist, dass durch die kontrollierte Einnahme von Apfelallergenen auch die Birkenpollenallergie bekämpft werden kann. Wenn ein Patient eine geringe Menge einer bestimmten Apfelsorte – und damit geringe Mengen des Allergens –  zu sich nimmt, kommt es zu einer sogenannten „Hyposensibilisierung“, d. h. der Körper gewöhnt sich langsam an das Allergen und reagiert nicht mehr abwehrend darauf.


Die „Apfeltherapie“
Um herauszufinden, welche Apfelsorten sich am besten zur Therapie der Birkenpollenallergie eignen, haben die Forscher des Projekts AppleCare insgesamt 23 verschiedene Apfelsorten analysiert, darunter Marktsorten, aber auch alte Lokalsorten (Landsorten) und neue Sorten wie etwa rotfleischige Sorten.
Nach aufwändigen Laborversuchen und klinischen Tests wurden drei vielversprechende Apfelsorten identifiziert und in das therapeutische Protokoll eingefügt: die rotfleischige Sorte RM-1, die unter dem Markennamen Red Moon® bekannt ist, die Sorte Cripps Pink/Pink Lady® und Golden Delicious.
Die im Projekt entwickelte natürliche Therapie sieht den Verzehr dieser drei Apfelsorten in einer bestimmten Reihenfolge vor, nämlich von der Sorte mit dem geringsten bis hin zu der mit dem größten allergenen Potenzial. Der Patient beginnt in der Zeit zwischen September und Oktober mit dem Verzehr einer geringen Menge der ersten Sorte, RM-1/Red Moon®, die er dann sukzessive bis hin zum Verzehr eines ganzen Apfels der Sorte pro Tag steigert. In den Monaten November bis Dezember steigt der Patient auf die Sorte Cripps Pink/Pink Lady® um, wobei er auch hier mit einer geringen Menge beginnt und die Dosis bis hin zu einem Apfel täglich steigert.
Schließlich folgt ab Januar dann über die gesamte Dauer der Allergie und darüber hinaus die Sorte Golden Delicious, wobei auch hier der Verzehr von einer geringen Menge ausgehend immer weiter gesteigert werden sollte. Bei der Sorte Golden Delicious handelt es sich um eine Sorte mit hohem allergenen Potenzial. Infolge der ersten beiden Phasen der Therapie mit den weniger allergenen Sorten RM-1/Red Moon® und Cripps Pink/Pink Lady® sollte jedoch der Körper soweit hyposensibilisiert sein, dass auch Personen mit starken allergischen Beschwerden sie vertragen können.
„Wichtig ist es, auch über die Therapie hinaus weiterhin täglich Äpfel zu essen, damit der Therapieeffekt erhalten bleibt“, erläuterte Bettina Nothegger von der Medizinischen Universität Innsbruck.
Die im Projekt AppleCare entwickelte „Apfeltherapie“ bringt für Allergiker zahlreiche Vorteilen mit sich: „Endlich sind die Patienten dazu in der Lage frische Äpfel zu sich zu nehmen, sie vertragen verschiedene Obst- und Gemüsesorten, die sie vorher nicht essen konnten, und können darüber hinaus im Frühling freier atmen“, erklärte Thomas Letschka, Leiter des Fachbereichs „Angewandte Genomik und Molekularbiologie“ am Versuchszentrum Laimburg und Koordinator des Projekts.
Dies wusste auch eine Patientin zu berichten, die seit Jahren unter der Birkenpollenallergie leidet, Äpfel nicht verträgt und sich an der Studie beteiligt hat. Sie nahm an verschiedenen klinischen Tests teil und testete daraufhin die vom Forscherteam entwickelte Therapie auf Apfelbasis: „Es ist ein tolles Erlebnis nach 15 Jahren wieder in einen Apfel beißen zu können ohne Beschwerden zu haben“, berichtete sie. „Auch habe ich die Pollensaison dieses Jahr viel besser überstanden und hatte weit weniger Probleme mit Heuschnupfen. Ich bin froh über diesen Therapieerfolg, der allein durch den Verzehr von Äpfeln und bewerkstelligt werden konnte.“


Die Therapie ist nicht als Ersatz für eine abwechslungsreiche und ausgewogene Ernährung und einen gesunden Lebensstil gedacht. In jedem Fall ist es ratsam, den Rat eines Arztes einzuholen.

Das Projekt AppleCare wurde durch den Europäischen Fonds für regionale Entwicklung und Interreg V-A Italien-Österreich 2014–2020 gefördert.


Das Versuchszentrum Laimburg
Das Versuchszentrum Laimburg ist die Forschungsinstitution für die Landwirtschaft und Lebensmittelqualität in Südtirol. Das Versuchszentrum Laimburg betreibt vor allem angewandte Forschung mit dem Ziel, die Wettbewerbsfähigkeit und Nachhaltigkeit der Südtiroler Landwirtschaft zu steigern und die Qualität landwirtschaftlicher Produkte zu sichern. Über 150 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter arbeiten jährlich an etwa 350 Forschungs- und Versuchsprojekten aus allen Bereichen der Südtiroler Landwirtschaft, vom Obst- und Weinbau bis hin zu Berglandwirtschaft und Lebensmitteltechnologie. Das Versuchszentrum Laimburg wurde 1975 gegründet.

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