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Von der Apfelblutlaus bis zum Apfelschorf: Neue Forschungsergebnisse zum biologischen Apfelanbau am Versuchszentrum Laimburg

Mildere Winter begünstigen die Ausbreitung von Schadinsekten im Apfelanbau, wie beispielsweise der Apfelblutlaus. Der Befall durch dieses winzige Insekt führt nicht nur zu Schäden am Holz des Baumes, sondern auch zu einer erhöhten Anfälligkeit für Pilzkrankheiten wie Rußtau. Bei der traditionellen Versuchsvorstellung im ökologischen Anbau, die am 04. August 2022 stattfand, stellten Forscherinnen und Forscher des Versuchszentrums Laimburg aktuelle Ergebnisse zu ökologischen Bekämpfungsstrategien dieser und anderer Herausforderungen vor. Darüber hinaus präsentierten sie die im Rahmen des europäischen Horizon 2020-Projekts „BioFruitNet“ entwickelten Leitlinien für das ökologische Management von Apfelschorf. Wie jedes Jahr wurde der Fachtag in Zusammenarbeit mit der Fondazione Edmund Mach organisiert.

Abb. 1: Kolonie von Apfelblutläusen auf einem Apfelzweig © Versuchszentrum Laimburg

Ziel des ökologischen Anbaus ist es, trotz Verzicht auf chemisch-synthetische Pflanzenschutzmittel Lebensmittel von hoher Qualität zu erzeugen. In Südtirol wächst das Interesse an ökologischen Produktionsmethoden im Obstbau stark an. So gibt es mittlerweile über 630 Biobetriebe, und die Anbaufläche für biologisch erzeugte Äpfel beträgt bereits 15 Prozent der gesamten Südtiroler Obstbaufläche. Das Versuchszentrum Laimburg führt verschiedenste Versuche zum ökologischen Obstbau durch: Von der Entwicklung alternativer Bekämpfungsstrategien von parasitären Pilzen über die Düngung unter Einhaltung der geltenden Vorschriften für den ökologischen Anbau bis hin zur Untersuchung geeigneter Anbautechniken und der Prüfung von Sorten auf ihre Eignung für den ökologischen Anbau.
Heute, am 04. August 2022, fand die jährlich in Zusammenarbeit mit der Fondazione Edmund Mach organisierte Präsentation von Versuchen zum ökologischen Anbau statt. Damit möchten die beiden wichtigsten Agrarforschungseinrichtungen der Region ihre neu gewonnenen Erkenntnisse direkt an die landwirtschaftliche Praxis weitergeben. Schwerpunkte am Versuchszentrum Laimburg waren die Regulierung parasitärer Pilze und die Eindämmung der Blutlaus im Apfelanbau.
Darüber hinaus wurden aktuelle Ergebnisse des Horizon 2020-Projekts „BioFruitNet“ vorgestellt, dessen Ziel es ist, in verschiedenen Ländern erfolgreich angewandte Pflanzenschutzmethoden allen Obstbäuerinnen und Obstbauern zugänglich zu machen und damit die Wettbewerbsfähigkeit des ökologischen Landbaus auf europäischer Ebene zu stärken.

Apfelblutlaus und Rußtau: Milde Winter verstärken Ausbreitung

In den letzten Jahren hat die Ausbreitung der Apfelblutlaus auch in den Südtiroler Apfelanlagen deutlich zugenommen. Die Blutlaus überwintert auf Apfelbäumen, wobei ihr die durch den Klimawandel bedingten höheren Temperaturen im Winter zugutekommen. Da sich die Blutlaus vom Saft der Bäume ernährt, entstehen als Reaktion auf die Speichelsäfte des Schädlings besonders an jungen Ästen Tumore und Wucherungen. Die Pflanze wird dadurch auch anfälliger für pathogene Pilze.
Im Rahmen von Versuchen zum ökologischen Anbau, die vom Versuchszentrum Laimburg durchgeführt wurden, haben Expertinnen und Experten ein Screening von 30 Apfelsorten vorgenommen. Das Screening hat gezeigt, dass die verschiedenen Sorten und Unterlagen Unterschiede in ihrer Anfälligkeit auf die Blutlaus aufweisen. Darüber hinaus wurden verschiedene für die ökologische Landwirtschaft zugelassene Pflanzenschutzmittel und unterschiedliche Applikationsmethoden auf ihre Wirksamkeit im Feld getestet. „Wir haben festgestellt, dass auch der Baumschnitt und die Düngung wichtige Faktoren sind, die den Befall durch die Blutlaus beeinflussen. Jeder Schnitt im Holz macht die Pflanze anfälliger. Eine Reduktion des Baumschnitts beeinträchtigt jedoch die Produktivität der Pflanze. In der landwirtschaftlichen Praxis geht es also darum, den Einzelfall zu bewerten und ein Gleichgewicht zwischen Ertrag und Kontrolle der Apfelblutlaus zu finden", erklärte Markus Kelderer, Leiter der Arbeitsgruppe „Ökologischer Anbau“ am Versuchszentrum Laimburg.
Rußtau ist ein Krankheitsbild, das durch verschiedene Pilze verursacht wird. Die Pilze entwickeln sich bei feuchten Bedingungen und auf organischen Substraten, die zum Beispiel von Blattläusen freigesetzt werden. Der Rußtau zeigt sich zunächst in Form schwarzer Flecken, die immer dichter werden und auch bei der Lagerung entstehen können. Um diese Krankheit zu bekämpfen, testeten die Forscherinnen und Forscher verschiedene im ökologischen Anbau zugelassene Pflanzenschutzmittel. Eines davon scheint besonders wirksam zu sein: „Es ist ein organisches Produkt auf der Basis von Gesteinsmehl. Wir konnten beobachten, dass das Auftreten von Rußtau auf dem Feld um 60 Prozent zurückgegangen ist", erklärte Ewald Lardschneider von der Arbeitsgruppe „Ökologischer Anbau“.

„BioFruitNet“ - gute Praktiken im ökologischen Anbau in Europa für alle zugänglich machen

Der ökologische Obstbau ist eine sehr anspruchsvolle Form des Anbaus, denn im Gegensatz zur konventionellen Landwirtschaft können einige Herausforderungen nicht mit chemisch-synthetischen Pflanzenschutzmitteln gelöst werden. Daher entwickeln Landwirtinnen und Landwirte in ganz Europa auf lokaler Ebene Strategien und Methoden, um ihre Kulturen vor Schädlingen und Krankheiten auf biologische Art und Weise zu schützen. Das Ziel des Horizon-Projekts „BioFruitNet“ ist es, bewährte Verfahren europaweit zu sammeln und sie allen Bäuerinnen und Bauern zugänglich zu machen. Das Versuchszentrum Laimburg ist Projektpartner und verantwortlich für den Bereich Kernobst. Dabei haben die Forschenden bewährte Verfahren insbesondere für die Behandlung von Schorf, eine der wichtigsten Apfelkrankheiten, gesammelt. „Die gesammelten Leitlinien besagen, dass die Schorfbekämpfung bereits im Winter beginnen muss, wenn Pflanzenreste auf dem Feld entfernt werden müssen, um infektiöses Material wie z.B. Pilzsporen zu reduzieren. Im Frühjahr werden Behandlungen mit Kupfer und Polysulfiden (im ökologischen Anbau zugelassene Produkte) durchgeführt. Das Monitoring erfolgt mit Hilfe von Software-Prorammen beginnend mit Wetterstationen, die stündlich Niederschlagsmengen und Temperaturen erfassen", schilderte Alfredo Mora-Vargas, Projektmitarbeiter am Versuchszentrum Laimburg. „Mithilfe der Software und des Monitorings kann ein Prognosemodell für die Verbreitung von Pilzsporen erstellt werden. Dies ermöglicht ein rechtzeitiges Eingreifen mit gezielten Behandlungen. Schließlich testen wir, ob die Verwendung spezieller Netze die Ausbreitung der Sporen eindämmen kann", so Mora-Vargas. Das Projekt „BioFruitNet“ wird durch das Forschungs- und Innovationsprogramm Horizon 2020 der Europäischen Union finanziert.

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