News
Pressekontakt
Innovation für die Berglandwirtschaft: Versuchszentrum Laimburg an EU-Fokusgruppe „Wirtschaftlichkeit von Dauergrünland“ beteiligt
Die Fokusgruppe „Wirtschaftlichkeit von Dauergrünland“ der Europäischen Innovationspartnerschaft „Landwirtschaftliche Produktivität und Nachhaltigkeit“ (EIP-AGRI) hat vor Kurzem ihren Endbericht vorgelegt. Ziel der 20-köpfigen internationalen Expertengruppe war es, den Zustand des Dauergrünlands in der Europäischen Union einzuschätzen und aufzuzeigen, wie die Wirtschaftlichkeit von Dauerwiesen und -weiden nachhaltig gesteigert werden kann.
Wie kann man Dauergrünland auf eine Art und Weise bewirtschaften, die Wirtschaftlichkeit, Kohlenstoffspeicherung, Tierwohl und Biodiversität miteinander verbindet? Dieser Frage hat sich eine 20-köpfige Expertengruppe gestellt, die 2014/2015 von der Europäischen Kommission innerhalb der Europäischen Innovationspartnerschaft „Landwirtschaftliche Produktivität und Nachhaltigkeit“ (EIP-AGRI) eingesetzt worden ist. Nun liegt der Endbericht der Fokusgruppe „Wirtschaftlichkeit von Dauergrünland“ vor und ist auf der Webseite der EIP-AGRI, www.eip-agri.eu, verfügbar. An der Fokusgruppe hat der Grünland-Experte Dr. Giovanni Peratoner, Leiter der Sektion Berglandwirtschaft des Versuchszentrums Laimburg und geschäftsführender Direktor des Amts für Versuchswesen II mitgearbeitet.
Unterschiedliche Bewirtschaftung von Dauergrünland in Europa – Sieben Schlüsselthemen identifiziert
Ziel der Fokusgruppe „Wirtschaftlichkeit von Dauergrünland“ war es, die aktuelle Situation des Dauergrünlands in Europa zu bewerten und Empfehlungen zu erarbeiten, wie die Wirtschaftlichkeit der Wiesen und Weiden auf nachhaltige Art und Weise gesteigert werden kann. „Das Dauergrünland wird in Europa auf sehr unterschiedliche Art und Weise bewirtschaftet und wenn deren Wirtschaftlichkeit gesteigert werden soll, sind zahlreiche Faktoren zu berücksichtigen“, fasst Dr. Giovanni Peratoner die Einschätzung der Fokusgruppe zusammen. In ihrem Endbericht hat die 20-köpfige Expertengruppe die vielschichtigen Aspekte nun in sieben Schlüsselthemen gruppiert, an denen alle Mitgliedsstaaten gleichermaßen arbeiten müssen, um Wirtschaftlichkeit und Nachhaltigkeit von Dauerwiesen und -weiden zu verbessern. Zu jedem der sieben Schlüsselthemen hat die Fokusgruppe praktische Empfehlungen erarbeitet sowie Ideen für innovative Maßnahmen entwickelt. Diese könnten in der Folge in sog. Operationellen Gruppen – interdisziplinären Fachgruppen aus Forschern und Praktikern – umgesetzt werden.
Aufwertung von graslandbasierten Produkten
Zum Beispiel hat sich die Fokusgruppe mit der Differenzierung von graslandbasierten Produkten beschäftigt: „Die Konsumenten fragen zunehmend nach gesunden, sicheren Lebensmitteln, bei deren Herstellung besonders auf die Tiergesundheit und die Umwelt geachtet wird. Wenn der Mehrwert graslandbasierter Produkte wie Fleisch, Milch und Käse besser ausgeschöpft würde – beispielsweise in Form von hochwertigen Qualitätsprodukten – könnten sie einen höheren Marktpreis erzielen. Damit würden sie die Kosten nachhaltiger Herstellungsverfahren ausgleichen, andere Kosten, die aufgrund von klimatischen oder topographischen Einschränkungen besonders in benachteiligten Gebieten oder Randgebieten entstehen, kompensieren und schlussendlich das Einkommen des Landwirts verbessern“, so Peratoner. Aufgabe einer Operationellen Gruppe in diesem Bereich wäre es nun, die Instrumente zur Entwicklung solcher Qualitätsprodukte zu liefern; eine andere könnte eine Marketingstrategie ausarbeiten, die die Konsumenten vom Mehrwert dieser Produkte überzeugt.
Grünlandproduktion und Bedürfnisse des Weideviehs
Ein weiteres Schlüsselthema betrifft die Abstimmung der Grünlandproduktion auf die Bedürfnisse des Viehs: „Futterration und Futterbedarf hängen von den drei Faktoren Tier, Futterproduktion und Klima- bzw. Bodenbedingungen ab. Hier müssen Maßnahmen entwickelt werden, die die Landwirte darin unterstützen, ihre Grünlandproduktion in Quantität und Qualität optimal auf die Bedürfnisse des Viehs auszurichten und damit die Rentabilität der Betriebe verbessern“, meint der Experte. Operationelle Gruppen in diesem Bereich könnten benutzerfreundliche Programme und Applikationen für Web / Smartphone für die Bewirtschaftung von Wiesen und Weiden entwickeln, wie Instrumente zur Planung und Durchführung der Beweidung oder zur Schätzung der Futterqualität wie z. B. die am Versuchszentrum Laimburg entwickelte Applikation webGRAS.
webGRAS: Futterqualität per Mausklick beurteilen
Ein innovatives Instrument zur Grünlandbewirtschaftung, das mit der Arbeit der Fokusgruppe thematisch eng verbunden ist, wurde bereits vom Versuchszentrum Laimburg in Zusammenarbeit mit den wichtigsten Institutionen der Südtiroler Landwirtschaft entwickelt: Ergebnis des 2015 abgeschlossenen Projekts webGRAS ist eine öffentlich zugängliche, GIS-gestützte Applikation, mithilfe derer Landwirte und Fütterungsberater anhand von Informationen wie Schnittdatum, Standorteigenschaften, Wetterverlauf und Bewirtschaftung die potenzielle Futterqualität von Dauerwiesen beim ersten Aufwuchs schätzen können (http://webgras.laimburg.it). Die Applikation stellt Richtwerte für den Gehalt an Inhaltsstoffen und Mineralelementen für die Zusammenstellung der Futterration zur Verfügung. Landwirte und Fütterungsberater können auf diese Weise die Futterration der Tiere optimieren, was sich positiv auf Gesundheit und Produktivität der Tiere auswirkt und letztendlich dazu beiträgt, die Wirtschaftlichkeit des Betriebs zu verbessern. Das Projekt webGRAS „Web-gestützte Grundfutterqualitäts-Abschätzung des ersten Schnitts von Dauerwiesen“ (Nr. 5-1a-237) wurde vom Europäischen Fonds für Regionale Entwicklung (EFRE) (2007–2013) finanziert. Das Land- und Forstwirtschaftliche Versuchszentrum Laimburg hat mit eigenen finanziellen Mitteln zum Projekt beigetragen.
Was ist eine EIP-AGRI-Fokusgruppe?
Fokusgruppen sind Expertengruppen, die im Rahmen der Europäischen Innovationspartnerschaft „Landwirtschaftliche Produktivität und Nachhaltigkeit“ (EIP-AGRI) Forschungsbedarf und Aktivitäten zur Innovationsförderung innerhalb der Landwirtschaft identifizieren. In jeder Fokusgruppe sind 20 internationale Experten aus verschiedenen Sektoren wie etwa Landwirte, Förster, Berater, Forscher, Vertreter von nichtstaatlichen Interessenverbänden sowie Vertreter der Lebensmittelwirtschaft, zusammengeschlossen, um Innovationen in konkreten Projekten umzusetzen. Die Fokusgruppe „Wirtschaftlichkeit von Dauergrünland“ (“Profitability of permanent grassland“) wurde 2014/2015 von der Europäischen Kommission eingesetzt, um eine Lösung zu der Frage zu erarbeiten, wie man Dauergrünland auf eine Art und Weise bewirtschaften kann, die Wirtschaftlichkeit, Kohlenstoffspeicherung, Tierwohlbefinden und Biodiversität miteinander verbindet. Die 20 Experten kommen aus 14 verschiedenen europäischen Ländern. Daran beteiligt war Dr. Giovanni Peratoner, Leiter der Sektion Berglandwirtschaft des Versuchszentrums Laimburg und geschäftsführender Direktor des Amts für Versuchswesen II. Jede Fokusgruppe trifft sich mindestens zweimal in einem Zeitraum von etwa einem Jahr und stellt ihre Ergebnisse und Empfehlungen in einem Fokusgruppenbericht vor, der über die Webseite des EIP-AGRI-Netzwerks zugänglich ist. Dieser Endbericht ist dabei jedoch keinesfalls als Endpunkt zu verstehen, sondern umgekehrt als neuer Start: Die dort zusammengefassten Empfehlungen und Best-Practice-Beispiele sollen Menschen in der gesamten Europäischen Union zum Handeln inspirieren. Und: Wenn der Endbericht fertig gestellt ist, können die Mitglieder der Fokusgruppe ihre Arbeit in gemeinsamen Arbeitsumgebungen auf der EPI-AGRI-Webseite fortsetzen.
Innovation in der Landwirtschaft durch verstärkten Austausch zwischen Praktikern und Forschung vorantreiben
Die Europäische Innovationspartnerschaft „Landwirtschaftliche Produktivität und Nachhaltigkeit“ (EIP-AGRI) ist eine von fünf EIPs, die die Europäische Kommission ins Leben gerufen hat, um die Innovationstätigkeit in den entsprechenden Bereichen in Europa zu fördern und zu beschleunigen. Jede Partnerschaft konzentriert sich dabei auf eine spezifische gesellschaftliche Herausforderung. Ziel der EIP-AGRI ist es, eine wettbewerbsfähige und nachhaltige Land- und Forstwirtschaft aufzubauen, die die landwirtschaftliche Produktion bei geringerem Ressourcenverbrauch steigert, also „mehr mit weniger" produziert. Um dieses ambitionierte Ziel zu erreichen, soll die EIP-AGRI Forschung und landwirtschaftliche Praxis besser verzahnen, etwa im Rahmen gemeinsamer Forschungs- und Innovationsprojekte. Dazu werden sog. Operationellen Gruppen gebildet, in denen Landwirte, Förster, Berater, Forscher sowie Vertreter von in der Landwirtschaft tätigen Unternehmen und nichtstaatlichen Organisationen (NGOs) zusammenarbeiten und damit sowohl praktische Erfahrung als auch wissenschaftliche Erkenntnisse einbringen. Diese Konstellation soll dazu beitragen, dass Forschungsergebnisse schneller in die Praxis umgesetzt bzw. eventuelle Forschungslücken identifiziert werden können. Die Finanzierung für EIP-AGRI wird aus zwei Quellen gespeist: zum einen aus Mitteln des Rahmenprogramms der EU für Forschung und Innovation, Horizont 2020 (2014–2020), für mitgliedsstaatenübergreifende Projekte und zum anderen aus Mitteln des Europäischen Landwirtschaftsfonds für die Entwicklung des ländlichen Raums (ELER) für Projekte innerhalb eines Mitgliedsstaats.
Links:
Der Endbericht der Fokusgruppe „Wirtschaftlichkeit von Dauergrünland“ sowie weitere Informationen zum Thema finden sich unter folgendem Link:
https://ec.europa.eu/eip/agriculture/en/content/profitability-permanent-grassland
Zur am Versuchszentrum Laimburg entwickelten Applikation webGRAS:
Das Land- und Forstwirtschaftliche Versuchszentrum Laimburg
Das Land- und Forstwirtschaftliche Versuchszentrum Laimburg versteht sich als führende Forschungsinstitution für die Landwirtschaft und Lebensmittelqualität in Südtirol. Das Versuchszentrum Laimburg betreibt vor allem angewandte Forschung mit dem Ziel, die Wettbewerbsfähigkeit und Nachhaltigkeit der Südtiroler Landwirtschaft zu steigern und die Qualität landwirtschaftlicher Produkte zu sichern. Über 200 Mitarbeiter arbeiten jährlich an rund 350 Forschungs- und Versuchsprojekten aus allen Bereichen der Südtiroler Landwirtschaft, von Obst- und Weinbau bis hin zur Berglandwirtschaft. Das Versuchszentrum Laimburg wurde 1975 gegründet.