Biologische Regulierung

 

In den Verbreitungsgebieten stützen sich die Kontrollmaßnahmen von Halyomorpha halys auf den Einsatz chemischer Insektizide und die Verwendung von Insektenschutznetzen. Nachhaltigere Strategien, wie die biologische Bekämpfung, sind jedoch für eine langfristige Regulierung des Schädlings notwendig. Felduntersuchungen haben gezeigt, dass die bei uns natürlich vorkommenden Feinde heimischer Baumwanzen, darunter Parasitoide, räuberische Insektenarten und Entomopathogene, keine relevante Auswirkung auf die Populationsdichte von H. halys haben. Durch die Einführung von Trissolcus japonicus (Samurai-Wespe) aus den ursprünglichen Verbreitungsgebieten des Schädlings, könnte die Populationsdichte von H. halys aber verringert werden. Es ist derzeit aber nicht klar inwieweit sich T. japonicus in unseren Klimaten tatsächlich populationsregulierend auswirken können. Dies ist Gegenstand laufender Untersuchungen am Versuchszentrum Laimburg.

Fragen:

1. Spielen Gegenspieler im ursprünglichen Verbreitungsgebiet von H. halys eine wichtige Rolle bei der Regulierung und der biologischen Kontrolle?

2. Gibt es in Südtirol heimische Gegenspieler, die H. halys regulieren könnten? 

3. Könnten gezielte Freisetzungen heimischer Ei-Parasitoiden eine Rolle bei der Regulierung spielen? 

4. Können die exotischen bekannten Gegenspieler bei uns genutzt werden? 

5. Könnte eine lokale gezielte oder großflächige Freisetzung von gezüchteten Parasitoiden am Apfel eine relevante Auswirkung auf die weitere Populationsentwicklung haben?

 1. Spielen Gegenspieler im ursprünglichen Verbreitungsgebiet von H. halys eine wichtige Rolle bei der Regulierung und der biologischen Kontrolle?

Die Populationsdichte von H. halys wird in den asiatischen Ursprungsgebieten durch eine Vielzahl von verschiedenen Ei-Parasitoiden der Gattungen Anastatus (Hymenoptera: Eupelmidae), Ooencyrtus (Hymenoptera: Encyrtidae), Telenomus (Hymenoptera: Scelionidae) und Trissolcus  (Hymenoptera: Scelionidae) geregelt. Unter diesen wurden Trissolcus japonicus (Ashmead) und T. mitsukurii (Ashmead) als die wichtigsten Ei-Parasitoide von H. halys im Norden Chinas bzw. Japan identifiziert. Populationen von T. japonicus wurden 2014 in Nordamerika und 2018 in Europa gefunden. T. mitsukurii und T. japonicus wurden in Felduntersuchungen in Norditalien und einschließlich in Südtirol gefunden. Wie diese exotischen Arten nach Italien kamen bleibt unklar; sie folgten wahrscheinlich dem Invasionsweg von H. halys

 

2. Gibt es in Südtirol heimische Gegenspieler, die H. halys regulieren könnten? 

In den Vegetationsperioden 2018 und 2019 wurden im Unterland und Burggrafenamt Erhebungen parasitierte Eigelege gefunden. Neben diversen Arten von Parasitoiden wurden dabei auch jene identifiziert, die für ihre effiziente Parasitierungsrate bekannt sind. Auch im Piemont, Friaul, Lombardei und Venetien wurden entsprechende Nachweise erbracht. Der vorherrschende heimische Ei-Parasitoid von H. halys ist Anastatus bifasciatus, der aber auch viele andere Wirte parasitiert. Mit Vegetationsbeginn 2020 soll durch die Ausbringung von abgetöteter Eigelege von H. halys in verschiedene Lagen die Ansiedlung/Verbreitung von verschiedenen Ei-Parasitoiden überwacht werden.


3. Könnten gezielte Freisetzungen heimischer Ei-Parasitoiden eine Rolle bei der Regulierung spielen?

Im Freiland konnten 2018 bereits parasitierte Eigelege von H. halys gefunden werden. Anastatus bifasciatus, eine heimische Schlupfwespe, ist aus mehreren Eigelegen geschlüpft. Dieser Parasitoid ist jedoch ein Generalist und parasitiert zudem nur einige wenige Eier des Eigeleges. Einige asiatische Schlupfwespen hingegen, welche sich an H. halys anpassen konnten, sind in der Lage das gesamte Eigelege zu parasitieren. Im Jahr 2018 wurden erste Freisetzungsversuche von A. bifasciatus in Italien und der Schweiz durchgeführt. Die mit der Freisetzungsstrategie ermittelte Parasitierungsrate von abgetöteten H. halys Eiern betrug im Durchschnitt 6% (max. 16%) und wurde als nicht hoch genug angesehen, um den Schädling wirksam zu unterdrücken (Stahl et al. 2019; link: https://www.mdpi.com/2075-4450/10/4/108). Eine Freisetzung des gezüchteten A. bifasciatus würde sich daher vermutlich auf H. halys nur bedingt auswirken. Bei den Untersuchungen wurde auch ein sogenannter Non-target Effekt beobachtet. Dies bedeutet, dass auch weitere Arten, darunter viele Lepidopteren und Wanzen, die unter Umständen Nützlinge sein können, parasitiert wurden. Dieser Effekt ist unerwünscht und muss noch genauer untersucht werden.


4. Können die exotischen bekannten Gegenspieler bei uns genutzt werden?

Vor kurzem hat der Landwirtschaftsausschuss des Senats die Einführung von Trissolcus japonicus zur Eindämmung von H. halys genehmigt und die Regierung verpflichtet, legislative Maßnahmen zur Bewertung seiner Einführung mit Vorrang einzuräumen. Ein am 5. September 2019 veröffentlichtes Dekret des Präsidenten der Republik (Nr. 102 vom 5. Juli 2019) erlaubt die Einführung nicht-heimischer Arten und deren Einsatz zur Schädlingsbekämpfung. In einem Dekret des Umweltministeriums vom 2. April 2020 wurden die Kriterien festgelegt, nach denen nicht-heimische Arten wie die Samurai-Wespe freigesetzt werden können. 
Laborversuche haben gezeigt, dass T. japonicus 90% bis 100% der Eier von H. halys parasitiert (link: https://link.springer.com/article/10.1007/s10340-017-0863-y).  Die Risikobewertung deutet aber auch darauf hin, dass eventuelle Freisetzungen negative Auswirkungen auf andere Baumwanzen haben könnten. Weitere Untersuchungen sind im Gange, um die Umweltauswirkungen der Verwendung exotischer Antagonisten zu bewerten.
Das Versuchszentrum Laimburg züchtet derzeit die Samurai-Wespe, die ab Juni 2020 in mehr als 40 Standorte in Südtirol freigesetzt werden soll. Die Ansiedlung und die Parasitierungsrate des Antagonisten werden durch ein nationales Protokoll evaluiert (siehe Artikel Obstbau*Weinbau).

 

5. Könnte eine lokale gezielte oder großflächige Freisetzung von gezüchteten Parasitoiden am Apfel eine relevante Auswirkung auf die weitere Populationsentwicklung haben?

Da H. halys ihren Lebenszyklus unter anderem an verschiedensten Laubgehölzen vollzieht und v.a. in urbanen Gebieten gefunden werden kann, ist eine lokale Freisetzung am Apfel wenig effektiv. Nichtdestotrotz, werden die möglichen Ansätze im Rahmen diverser Aktivitäten wie Sammlung von Eigelegen und Monitoring untersucht. Eventuelle Freisetzungen sollten in unbehandelten Anlagen/Gebieten durchgeführt werden, da Parasitoide sehr empfindlich auf Insektizide reagieren.