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Abdriftmindernde Technik im Pflanzenschutz: Erfahrungsaustausch am Versuchszentrum Laimburg

Am Freitag, 06.04.2018 hat am Versuchszentrum Laimburg ein Workshop zum Thema Abdriftminderung stattgefunden. Über 50 Vertreter der Forschung, Beratung, Erzeugergenossenschaften, Bioverbände und Hersteller von Sprühgeräten tauschten sich über abdriftmindernde Techniken aus.

Lösungsansätze für Probleme mit Ausbringungstechniken und Wirkungsgrenzen entwickeln – das war das Ziel der Veranstaltung.(c)VZL

Oberstes Ziel des Pflanzenschutzes ist es die Produktion landwirtschaftlicher Produkte durch eine optimale Applikation von Pflanzenschutzmitteln bei gleichzeitigem Schutz der Umwelt zu gewährleisten. Dabei muss ein Nebeneinander unterschiedlicher Produktionsformen sowie verschiedener Kulturen unter den in Südtirol gegebenen strukturellen Voraussetzungen möglich sein. Eine unbeabsichtigte Verfrachtung von Pflanzenschutzmitteln während der Applikation auf angrenzende Flächen (Abdrift) muss also verhindert werden. Eine Möglichkeit zur Verminderung der Abdrift ist die sog. verlustarme Applikationstechnik, deren Umsetzung in der Praxis sich allerdings bislang noch schwierig gestaltet. Vor diesem Hintergrund hat das Versuchszentrum Laimburg nun Vertreter aus Forschung, Beratung, Erzeugergenossenschaften, Bioverbänden und Hersteller von Sprühgeräten zu einem Workshop eingeladen, um Erfahrungen mit abdriftmindernden Techniken im Pflanzenschutz auszutauschen. Am Vormittag informierten Experten aus dem In- und Ausland in Impulsvorträgen über den derzeitigen Stand der Technik und stellten Ergebnisse aus Versuchen zur Applikationstechnik vor. Am Nachmittag wurde gemeinsam im Plenum diskutiert, mit welchen Ansätzen man bestehende Probleme mit Ausbringungstechniken und Wirkungsgrenzen, insbesondere im biologischen Anbau, lösen könnte.

 

Gemeinsam Lösungsansätze entwickeln

Der moderne Pflanzenschutz habe in Südtirol eine Stabilität und eine hohe Qualität in der landwirtschaftlichen Produktion ermöglicht, unterstrich Agrarlandesrat Arnold Schuler. Das AGRIOS-Programm der Integrierten Produktion sei inzwischen zu einem Vorzeigemodell in Europa geworden. Darüber hinaus habe die starke Entwicklung Richtung Bio in der letzten Zeit dazu geführt, dass mittlerweile jeder zweite Bio-Apfel Europas aus Südtirol kommt. Ein Nebeneinander verschiedener Produktionsweisen führe aber auch zu Herausforderungen und Problemen, merkte der Landesrat an, insbesondere dann, wenn es um Rückstände von Pflanzenschutzmitteln gehe. Ohne den Einsatz von Pflanzenschutzmitteln werde es nicht gehen, wenn eine gewisse Produktion gewährleistet werden soll, erklärte Schuler, aber die Ausbringung von Pflanzenschutzmitteln müsse so weit wie möglich reduziert und auf ihre Zielflächen beschränkt werden. Um Abdrift zu vermeiden, sei die Ausbringungstechnik entscheidend. Ziel des Workshops sei es darum, gemeinsam Lösungsansätze für bestehende Probleme mit Ausbringungstechniken und Wirkungsgrenzen zu entwickeln, erklärte Laimburg-Direktor Michael Oberhuber. Aufgabe des Versuchszentrums Laimburg sei es auf der Grundlage solider wissenschaftlicher Daten Innovation in die Landwirtschaft zu bringen, und diese Aufgabe sei erst dann erfüllt, wenn im Feld auch das umgesetzt werde, was wissenschaftlich erarbeitet wurde.

 

Forschungsbedarf insbesondere im biologischen Anbau

Ulrich Kiem vom Südtiroler Beratungsring für Obst- und Weinbau gab einen Überblick über die Entwicklung der Ausbringungstechnik und insbesondere der Düsentypen von der Keramikdüse bis zur aktuellen Flachstrahl-Injektordüse. In der Beratung werde versucht den Sprüher so an die Notwendigkeiten der einzelnen Anlage anzupassen, dass ein optimales Ergebnis erzielt wird, erklärte Kiem. Zu diesem Zweck organisiert der Beratungsring auch Gruppenberatungen in verschiedenen Vegetationsstadien, damit die Landwirte sehen, wie ihr Gerät in der Anlage funktioniert. In verschiedenen Regelungen wie etwa den AGRIOS-Richtlinien, Abstandsregeln im Bereich sensibler Zonen oder auch Rahmenvereinbarungen zwischen Biologischem und Integrierten Anbau sind abdriftmindernde Maßnahmen bereits vorgesehen. Bisher war aufgrund des Einsatzes chemisch-synthetischer Pflanzenschutzmittel die verlustarme Applikation vor allem im Integrierten Anbau ein Thema und es wurden seit Jahrzehnten Versuche dazu angestellt. Diesen Erfahrungs- und Wissensvorsprung gelte es jetzt mit Forschung zum biologischen Anbau auszugleichen, betonte Kiem. Die Wirkungsgrade der im biologischen Anbau einsetzbaren Mittel lägen meist unter jenen chemisch-synthetischer Produkte, die einsetzbare Dosis der Mittel bewege sich oft an der Grenze zur biologische Wirksamkeit und das Risiko für Schäden an Blättern und Früchten sei im Bio-Anbau höher.

 

Versuchsergebnisse zum Einsatz abdriftmindernder Maßnahmen im Ökologischen Obstbau

Markus Kelderer, Leiter des Fachbereichs Obstbau am Versuchszentrum Laimburg, stellte die Ergebnisse von Praxisversuchen aus den Jahren 2015 bis 2017 vor. Bei Schorf- und Mehltaubefall waren Unterschiede zwischen den Applikatinstechniken zu erkennen, insbesondere im Gipfelbereich. Hier seien eine geeignete Sprühertechnik, eine optimale Sprühereinstellung sowie angepasste Erziehungssysteme Voraussetzung, lautete das Resümee des Experten.

 

Versuchsergebnisse zum Einsatz abdriftmindernder Maßnahmen im Integrierten Anbau

Um verlustarme Applikationstechnik in der Integrierten Anbauweise ging es im Vortrag von Werner Rizzolli von der Arbeitsgruppe Mittelprüfung am Versuchszentrum Laimburg. Am Versuchszentrum Laimburg werden seit 2001 Versuche dazu durchgeführt. Seitdem konnten die Experten viel Erfahrung mit den unterschiedlichen Krankheiten und Schädlingen sammeln. In Bezug auf die biologische Wirksamkeit seien großteils keine relevanten Unterschiede zwischen herkömmlicher und verlustarmer Applikation festzustellen. Unterschiede machen sich jedoch bemerkbar, wenn das System „ausgereizt“ werde, wie etwa in Hanglagen, erklärte Rizzolli. Auch sei nicht alles, was mit herkömmlicher Applikation möglich ist, auch mit verlustarmer Applikation machbar, z. B. seien Beetpflanzungen kaum behandelbar. Schwierigkeiten bestünden auch bei der Behanldung von den in Südtirol üblichen Bäumen mit großer Wuchshöhe. Darüber hinaus erfordere die verlustarme Applikation einen höheren Wasserverbrauch, wenn sie dieselbe Wirksamkeit wie die herkömmliche Applikation erreichen will.

 

Erfahrungen mit abdriftmindernder Applikationstechnik im Schweizer Weinbau

Michael Gölles von der Schweizer Forschungsanstalt Agroscope berichtete von den Erfahrungen mit abdriftmindernder Applikation im Schweizer Weinbau. In der Schweiz ist aktuell ein nationaler Aktionsplan Pflanzenschutz in Diskussion, der darauf abzielt Pflanzenschutzmittel einzusparen. Eine solche Einsparung könnte im Weinbau etwa mit Tunnelsprühern erreicht werden. Aus verschiedenen Versuchen 2012 bis 2014 mit verschiedenen Düsentypen und Sprühermodellen ging hervor, dass sich die kompakten Injektordüsen in der Handhabung und im praktischen Einsatz im Schweizer Weinbau bewährt haben. Gegen Echten und Falschen Mehltau sowie gegen Botrytis konnten sehr gute Wirkungen erzielt werden, berichtete Gölles. Hohlkegeldüsen werden im Schweizer Weinbau schon seit Längerem kaum mehr eingesetzt.

 

Erfahrungen mit abdriftmindernder Applikationstechnik im Alten Land      

Karsten Klopp, Leiter des Kompetenzzentrums für den Obstbau in Norddeutschland Esteburg, Hinrich Holthusen (ebenfalls Esteburg) und Jörg Quast (Esteburg und Bio-Erzeuger) berichteten von Erfahrungen mit abdriftarmer Applikationstechnik im Alten Land. Im Alten Land, das in einem Marschgebiet südlich der Elbe in Hamburg und Niedersachsen liegt, grenzen Obstanlagen direkt an ständig wasserführende Gewässer an. Seit 2002 wird in Gewässernähe abdriftmindernde Technik eigesetzt. Die im Jahr 2015 beschlossene Altes Land Pflanzenschutzverordnung (ALVO) sieht mindestens 75 % Abdriftminderung vor. Seitdem muss bei jeder Applikation verlustarme Applikationstechnik eingesetzt werden.

 

Workshop: Wie könnte man bestehende Probleme mit Applikationstechniken lösen?

In der an die Impulsvorträge anschließenden Diskussion im Plenum wurden vier Themenkomplexe identifiziert, die in Zukunft angegangen werden sollen: Zum einen sind technische Innovationen gefragt, die einen wirkungsvolleren und abdriftärmeren Pflanzenschutz ermöglichen, wie etwa Entwicklungen in der Gebläsetechnik. Zweitens wurden verschiedene Fragestellungen für Versuche insbesondere im biologischen Anbau aufgeworfen. Der dritte Themenkomplex beschäftigte sich mit der Frage, wie der Wandel hin zu einer abdriftärmeren Ausbringungstechnik gestaltet werden könnte und im vierten Themenkomplex ging es um die Maßnahmen, die im Bereich Normen, Zertifizierungen und Ausbildung dafür erforderlich wären. Kurzfristiges Ziel müsse es sein, die noch bestehenden Probleme mit der verlustarmen Applikationstechnik zu lösen, mittelfristig müsse der Pflanzenschutz neu gedacht werden, fasste Laimburg-Direktor Michael Oberhuber, der die Diskussion moderiert hatte, die Ergebnisse des Tages zusammen. Im Workshop habe sich gezeigt, wo Handlungsbedarf besteht und es sei ein erster Schritt getan worden, um Denkprozesse zur Innovation in der Applikationstechnik anzustoßen, resümierte Oberhuber. Nun sei es wichtig, dass Wissenschaft, Beratung, Anbauer, Vermarktung und Sprühgerätehersteller gemeinsam an den offenen Fragen arbeiten.

Das Versuchszentrum Laimburg

Das Versuchszentrum Laimburg ist die führende Forschungsinstitution für die Landwirtschaft und Lebensmittelqualität in Südtirol. Das Versuchszentrum Laimburg betreibt vor allem angewandte Forschung mit dem Ziel, die Wettbewerbsfähigkeit und Nachhaltigkeit der Südtiroler Landwirtschaft zu steigern und die Qualität landwirtschaftlicher Produkte zu sichern. Über 150 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter arbeiten jährlich an etwa 350 Forschungs- und Versuchsprojekten aus allen Bereichen der Südtiroler Landwirtschaft, vom Obst- und Weinbau bis hin zu Berglandwirtschaft und Lebensmitteltechnologie. Das Versuchszentrum Laimburg wurde 1975 gegründet.

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