News
Pressekontakt
Fachtagung des Versuchszentrums Laimburg setzt neue Impulse für den heimischen Kräuteranbau
Anlässlich des „Südtiroler Kräutertags“ am 27. Oktober 2018 organisierte das Versuchszentrum Laimburg im Meraner Kurhaus eine Fachtagung, bei der Experten aus Italien, Österreich, Deutschland und der Schweiz über verschiedene Aspekte des Kräuteranbaus referierten.
Tagtäglich verwenden wir Gewürz- und Heilkräuter, sei es in der Küche zur Verfeinerung von Gerichten, als Tees, als Mittel gegen Beschwerden oder auch als Raumduft durch das Verdampfen ätherischer Öle. In der Landwirtschaft kommen Extrakte aus Kräutern als Herbizide und Insektizide zum Einsatz.
„Derzeit bauen in Südtirol 40 Landwirte auf ca. 20 ha Kräuter zwischen 500 und 1.700 m Meereshöhe an, was aus Südtirol ein besonderes Gebiet für den Anbau von Kräutern macht“, erklärte Agrarlandesrat Arnold Schuler. Charakteristisch für Südtirol ist die Bewirtschaftung kleiner Flächen, die sich durch eine hohe Artenvielfalt auszeichnen: Pfefferminze, Ringelblume, Melisse, Malve, Schafgarbe, Kornblume, Brennnessel, Wegerich, Kamille, Arnika und weitere Kräuter zum Verzehr wie Salbei, Rosmarin, Thymian, Origano, Basilikum, Majoran, Ysop und Liebstöckel zählen zu den am häufigsten angebauten Kräutern.
„Der Kräuteranbau in Südtirol stellt neben Gemüse, Steinobst und Beerenfrüchten, eine Nische im Panorama der Südtiroler Landwirtschaft dar. Am Versuchszentrum Laimburg setzen wir auf die Zusammenarbeit mit Universitäten, Genossenschaften und Organen der Beratung, einem besonders wichtigen Netzwerk für diesen Bereich, der sich noch in der Entwicklung befindet,“ erklärt Michael Oberhuber, Direktor des Versuchszentrums Laimburg“, und fügt hinzu: „Wir begleiten den Kräuteranbau mit unserer Forschungs- und Versuchstätigkeit und stellen den Anbauern unser Expertenwissen zur Verfügung“. In der Tat wurde erst kürzlich Manuel Pramsohler, Leiter der Arbeitsgruppe Acker-und Kräuteranbau am Versuchszentrums Laimburg, zum Mitglied des „Tavolo Tecnico del Settore piante officinali“ in Rom ernannt. Unter seiner Leitung bearbeitet die Arbeitsgruppe Acker- und Kräuteranbau neben verschiedenen Projekten zum Getreideanbau auch verschiedene Projekte zu Anbautechniken von Kräutern wie Melisse, Kümmel, Brotklee, Pfefferminze und Safran, das derzeit teuerste Gewürz weltweit.
Der Anbau des „roten Gold“ in Italien
Safran ist eine sterile Pflanze, welche weder Früchte noch Samen produziert und ausschließlich als Kulturpflanze im Anbau bekannt ist. Safran, das sogenannte „rote Gold“ (das bis zu 60 €/kg kosten kann), wird bis zu 95 % im Iran (250 t/Jahr) produziert. Aber auch immer mehr italienische Landwirte beginnen mit dem Anbau (derzeit ca. 100 kg/Jahr). Der Anbau von Safran ist nicht einfach, da nahezu alle Schritte händisch ausgeführt werden müssen, vom Ausgraben und der Wiedereinpflanzung der Knollen, über die Blütenernte bis zur Abtrennung der roten Fäden, die das eigentliche Gewürz darstellen. Das Trocknen stellt dann eine kritische Phase dar, um ein hochwertiges Produkt zu erhalten, welches auf den Markt gebracht werden kann. An der UNIMONT (Università della Montagna) in Mailand wurde ein Beratungsdienst für Landwirte eingerichtet, um den geernteten Safran anhand standardisierter Kriterien zu prüfen und zu klassifizieren. „Die Untersuchungen der Safranproben in unserem Labor zeigen, dass 91 % als erste Kategorie und somit als erste Qualität klassifiziert werden können“, erklärte Luca Giupponi von der UNIMONT. „Dies zeigt, dass wir alle Voraussetzungen dazu erfüllen, eine Produktion dieses Gewürzes „Made in Italy“ voranzutreiben.”
Meerettich (Kren), eine Qualität gänzlich made in Südtirol
Pietro Fusani vom Consiglio per la ricerca in agricoltura e l’analisi per l’economia agraria di Trento (CREA) präsentierte die Ergebnisse einer zweijährigen Studie zur Klassifikation von genetischen Selektionen Südtiroler Ursprungs von Armoracia rusticana (allgemein bekannt als Meerettich oder Kren) aufgrund von morphologischen, agronomischen und qualitativen Parametern. Dabei wurden die Qualitätsparameter basierend auf dem Gehalt von Glucosinolaten, auf die der stechende Geschmack des Krens zurückgeht, untersucht. Die Versuche zeigten, dass die Südtiroler Herkünfte den in Bayern – der Heimat des Krens – vermarkteten Exemplaren in nichts nachstehen. „Die lokalen Herkünfte weisen eine niedrigere Pflanzensterblichkeit, eine höhere Toleranz gegenüber dem Alternaria-Pilz, sowie eine höhere Qualität und bessere Eigenschaften des Wurzelstocks auf,“ erklärte Fusani.
Düngung und Pflanzengesundheit
Heidi Heuberger von der Bayerischen Landesanstalt für Landwirtschaft (LfL) in Freising referierte über die Düngung im Kräuteranbau. Jedes Kraut benötigt eine spezifische Zufuhr von Nährstoffen – wie Stickstoff und Phosphor – und eine bestimmte Mischung dieser Stoffe, um die Blattentwicklung und den Anteil ätherischer Öle zu fördern. So fördert Stickstoff (N) die Bildung von Blättern und Stielen, Kalium (K) aktiviert die Blütenbildung und die Wurzelentwicklung, während Phosphor (P) das Wachstum von Früchten und Samen stimuliert. „In der biologischen Landwirtschaft ist es wichtig daran zu denken, dass wir nicht die Kulturen, sondern den Boden düngen“, erklärte Heuberger. In Deutschland wurde im Jahr 2017 eine Regelung zur Düngung von ca. 100 Kräuterarten aktualisiert.
„Vorsicht ist besser als Nachsicht – ein gültiges Prinzip, auch im Kräuteranbau,“ betonte Martin Koller vom Forschungsinstitut für biologischen Landbau, FiBL, im Schweizerischen Frick, der zur Pflanzengesundheit referierte. „Es ist daher wichtig die richtige Sorte, den geeigneten Standort sowie den idealen Erntezeitpunkt zu wählen, um Krankheiten wie Mehltau, Rost, Peronospora oder dem Befall durch schädliche Insekten vorzubeugen“, erläuterte Koller.
Rückstände und Kontaminanten
Das Problem mit Rückständen von Pflanzenschutzmitteln auf Kräutern ist unverändert aktuell, insbesondere auch hier in Südtirol. „Es kommt durchaus vor, dass Kräuterfelder durch die Ausbringung von Pflanzenschutzmitteln in benachbarten Anlagen, auch über eine gewisse Entfernung hinweg, kontaminiert werden, betonte Peter Robatscher, Leiter des Fachbereichs Lebensmittelchemie am Versuchszentrum Laimburg. Die im Labor für Rückstände und Kontaminanten des Versuchszentrums Laimburg durchgeführten Analysen zeigen, dass der Großteil der auf den Kräutern festgestellten Rückstände von Pflanzenschutzmitteln stammen, die im Obst- und Weinbau eingesetzt werden, aber nicht nur: „Wir haben auch Substanzen festgestellt, die auf Insektizide gegen Stechmücken zurückzuführen sind, sowie Substanzen, die wahrscheinlich von Desinfektionsmitteln stammen“, erklärte Robatscher.
Auch im Vortrag von Thomas Pfeiffer, Vertreter der European Herbs Growers Association EUROPAM, ging es um Rückstände in Heil- und Gewürzkräutern, jedoch stand hier die Gesetzgebung im Vordergrund. Prinzipiell müssen die Rückstandshöchstgehalte eingehalten werden, die von der europäischen Lebensmittelgesetzgebung für (biologische) Lebensmittel festgesetzt wurden. Aber es sei für Landwirte nicht immer leicht, sich in diesem „Dschungel“ aus Vorschriften zurechtzufinden. Werden beispielsweise zwei Kräuter in einem Produkt, etwa in einem Kräutertee, vermischt, wobei beide jeweils unterschiedlichen Regelungen unterliegen, sieht das Gesetz keinen klaren Hinweis dazu vor, welche dieser Regelungen auf das vermischte Produkt anzuwenden ist. EUROPAM, eine europäische Körperschaft, bietet den Produzenten praktische Unterstützung bei der Interpretation der Gesetzgebung, um die Beschränkungen auf Rückstände in getrockneten Produkten mit kommerzieller Verwendung einzuhalten.
Seit 2018 neue Vorschriften in Italien
Bei Heilkräutern handelt es sich um eine sehr breite Sparte botanischer Arten, die Substanzen mit spezifischen sensorischen, biologischen und pharmakologischen Wirkungen beinhalten. Aus den Extrakten von Heilkräutern können Endprodukte mit ganz unterschiedlichen Verwendungszwecken gewonnen werden: von Lebensmitteln über phytotherapeutische, kosmetische Produkte und Raumdüfte bis hin zu Insektiziden, Fungiziden, Herbiziden und Bakteriziden.
„Der neue nationale Einheitstext (D.lgs 45/2018) beinhaltet eine noch zu erlassende Liste mit den etwa 2.500 in Italien angebauten Arten, von denen viele exotisch sind, erläuterte Andrea Primavera von der Federazione Italiana Produttori Piante Officinali (FIPPO). Aus den neuen Vorschriften gehe hervor, dass der Anbau und die Weiterverarbeitung ersten Grades (wie die Trocknung oder die Destillation ätherischer Öle) keiner besonderen Autorisierungen bedürfen, während eine weitergehende Verarbeitung wie die Extraktion von Wirkstoffen, ihre Formulierung, Mischung und agro-industrielle Verpackung genau reglementiert sei. Je nach Art des Endprodukts seien spezifische Kompetenzen, Zertifizierungen wie z. B. die „Gefahrenanalyse und kritische Kontrollpunkte“ (HACCP) und andere Regelungen der Industrie erforderlich. Unveränderte Gültigkeit besäßen hingegen die Vorschriften der Autonomen Provinzen (L.P. 6/2013 Bozen – Südtirol und D.P.P 41-148/2008 Trient) bezüglich des Anbaus und der Verarbeitung von Heilkräutern.
Die Österreichische Bergkräutergenossenschaft
Qualität, Qualität und nochmals Qualität. Das sind die drei Schlagworte, die für den Erfolg der Österreichischen Bergkräutergenossenschaft stehen. Karl Dirnberger, Geschäftsführer der Genossenschaft, erläuterte Entstehung und Erfolge des Konsortiums, das von 21 Mitgliedern im Jahr 1986 zu heute 86 Mitgliedsbetrieben gewachsen ist. Wie in Südtirol ist der Anbau von Gewürz- und Heilkräutern auch in Österreich durch eine Kleinstrukturiertheit mit Betrieben von maximal 17 Hektar Größe gekennzeichnet, wobei auch dort die Anbauer besonders eine biologische und nachhaltige Wirtschaftsweise anstreben. Über die Jahre hat die Genossenschaft viel in die Ausbildung der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter investiert und ein spezialisiertes Panel für die sensorische Analyse von Kräutern aufgebaut. „Dies ist ein wesentlicher Aspekt, um entscheiden zu können, ob ein Kräutertee tatsächlich wohlschmeckend ist oder nicht“, erklärte Dirnberger.
Das Versuchszentrum Laimburg
Das Versuchszentrum Laimburg ist die Forschungsinstitution für die Landwirtschaft und Lebensmittelqualität in Südtirol. Das Versuchszentrum Laimburg betreibt vor allem angewandte Forschung mit dem Ziel, die Wettbewerbsfähigkeit und Nachhaltigkeit der Südtiroler Landwirtschaft zu steigern und die Qualität landwirtschaftlicher Produkte zu sichern. Über 150 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter arbeiten jährlich an etwa 350 Forschungs- und Versuchsprojekten aus allen Bereichen der Südtiroler Landwirtschaft, vom Obst- und Weinbau bis hin zu Berglandwirtschaft und Lebensmitteltechnologie. Das Versuchszentrum Laimburg wurde 1975 gegründet.