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Expertenforum Berglandwirtschaft 2022: Wasserstress und Innovationsanalysen im Grünland, Maiswurzelbohrer und verschiedene Sortenprüfungen im Gemüse-, Getreide- und Kräuteranbau

Am 18. Februar fand das Expertenforum Berglandwirtschaft 2022 zum ersten Mal in digitaler Form statt. Die Fachtagung wurde gemeinsam vom Beratungsring Berglandwirtschaft BRING und dem Versuchszentrum Laimburg organisiert und bringt Expertinnen und Experten aus Forschung, Ausbildung, Beratung sowie Akteure der Agrarpraxis zum Gespräch zusammen.

Abb. 1: Moderator Christian Plitzner und Fachbereichsleiter Berglandwirtschaft Giovanni Peratoner beim digitalen Expertenforum Berglandwirtschaft. © Versuchszentrum Laimburg

Nach einer Pause von knapp zwei Jahren fand vergangenen Freitag, den 18. Februar 2022, das siebte Expertenforum Berglandwirtschaft statt. Zum ersten Mal trafen sich die Teilnehmerinnen und Teilnehmer online. Bei der diesjährigen Ausgabe präsentierten die Vortragenden Neuigkeiten über den Effekt von Wasserstress auf die wichtigsten Gräser von Saatgutmischungen für Dauerwiesen und die Bildung interdisziplinärerer Diskussionsgruppen zur Analyse von Innovationen im Grünland. Weitere Themen beinhalteten das Auftreten und die Möglichkeiten der Kontrolle des Westlichen Maiswurzelbohrers in Südtirol sowie die Ergebnisse diverser Sortenprüfungen von Stangenbohnen-Landsorten, Speisehafer und Zitronenmelisse. Das Forum wurde vom Versuchszentrum Laimburg und vom Beratungsring Berglandwirtschaft BRING mit dem Ziel organisiert, einen direkten Austausch zwischen Forschung und Praxis zu ermöglichen. So nahmen auch dieses Jahr zahlreiche Vertreterinnen und Vertreter der Bereiche Wissenschaft und Forschung, Landwirtschaft, Beratung, Berufsbildung und öffentliche Verwaltung sowie einige Landwirte an der Veranstaltung teil. Die Moderation übernahm Christian Plitzner, Geschäftsführer des Beratungsrings Berglandwirtschaft BRING.

„Die Berglandwirtschaft ist für den Erhalt des ländlichen Raums in Südtirol von außerordentlicher Bedeutung. Unter erschwerten Bedingungen wird landwirtschaftliche Tätigkeit oft in schwierigem Gelände ausgeübt. Deshalb ist es wichtig, die Bäuerinnen und Bauern mit Forschung und Wissenschaft zu unterstützen, um Probleme zu lösen, neue Formen und Möglichkeiten der Produktion zu finden und den Fortbestand der bäuerlichen Familienbetriebe in den Berggebieten zu garantieren“, erklärt der zuständige Landesrat Arnold Schuler zu Beginn des Expertenforums. „Wir wollen die Berglandwirtschaft im Umgang mit den vielfältigen Herausforderungen wie etwa dem Klimawandel unterstützen, die Betriebe langfristig sichern und das notwendige Wissen dafür bereitstellen“, ergänzt der Direktor des Versuchszentrums Laimburg Michael Oberhuber.
Die beim Expertenforum Berglandwirtschaft vorgestellten Tätigkeiten wurden Großteils durch Mittel des Aktionsplans 2016-2022 für die Forschung und Ausbildung in den Bereichen Berglandwirtschaft und Lebensmittelwissenschaften unterstützt. „Das Expertenforum Berglandwirtschaft ist für alle beteiligten Akteure ein wichtiger Moment im Jahr, um sich über neue Themen und wissenschaftliche Erkenntnisse auf dem Gebiet der Berglandwirtschaft auszutauschen und fundiert zu diskutieren”, betont Giovanni Peratoner, Leiter des Fachbereichs Berglandwirtschaft am Versuchszentrum Laimburg.

Effekt von Wasserstress auf Grasarten im Grünland

Dürreperioden könnten im Zuge des Klimawandels häufiger werden und stellen die Landwirtschaft auch in Südtirol vor große Herausforderungen. Die heimische Grünlandwirtschaft benötigt daher Studien, die sich mit der Widerstandsfähigkeit der Grasarten gegenüber Trockenheit beschäftigen, um die Saatgutmischungen für Dauerwiesen entsprechend anpassen und weiterentwickeln zu können. Eine große Rolle spielen Grasarten, die resistent oder resilient gegenüber Dürre sind.
Zwischen 2011 und 2014 hat die Arbeitsgruppe Grünlandwirtschaft des Versuchszentrums Laimburg Feldversuche durchgeführt, um die Saatgutmischungen für Dauergrünland an trockenheitsgefährdeten Standorten zu optimieren. Daraus weiß man: Ihren Anteil am Ertrag unter Wasserstress steigern konnten die beiden Arten Festuca arundinaceae (Rohrschwingel) und Arrhenatherum elatius (Glatthafer). „Mit den Ergebnissen unserer Versuche konnten wir beweisen, dass die Gräser-Leitarten, auf die sich unsere Saatgutmischungen für trockenheitsgefährdete Standorte stützen, auch tatsächlich trockentolerant sind. Das bestätigt uns in den Entscheidungen, die wir bis jetzt getroffen haben“, erklärt Giovanni Peratoner, Leiter des Fachbereichs Berglandwirtschaft am Versuchszentrum Laimburg in seinem Vortrag. Die beiden Grasarten Rohrschwingel und Glatthafer in Saatgutmischungen vor allem für Dürre-exponierte Gebiete zu integrieren, stellt somit nach wie vor eine sinnvolle Strategie dar. Eine Pflanze gilt dann als resistent, wenn sie einer Störung, z. B. durch Trockenheit, standhalten kann. Die Resilienz hingegen bezieht sich auf die Fähigkeit einer Pflanze, nach der Störung wieder zu regenerieren und ganz oder teilweise in den Ausgangszustand vor der Störung zurückkehren zu können. Diese beiden Eigenschaften beeinflussen maßgeblich den Anteil einer Grasart im Grünland und letztendlich an der Ernte. Wasserstress beeinträchtigt das Pflanzenwachstum verschiedener Arten unterschiedlich, dadurch wird auch die botanische Zusammensetzung beeinflusst.

Der Westliche Maiswurzelbohrer in Südtirol

Anna Rottensteiner von der Arbeitsgruppe Grünlandwirtschaft des Versuchszentrums Laimburg präsentierte aktuelle Entwicklungen und Perspektiven zur Vorbeugung und Kontrolle des Westlichen Maiswurzelbohrers (Diabrotica virgifera virgifera) durch Feldfuttermischungen. Dieser sogenannte „billion-dollar beetle“ stammt aus Zentral- und Nordamerika und wurde in Europa erstmals im Jahr 1992 in Serbien nachgewiesen. Seit 2009 ist der Maiswurzelbohrer auch in Südtirol präsent. Um seine Ausbreitung zu beobachten, betreibt der Pflanzenschutzdienst Bozen, seit wenigen Jahren auch unter Mitarbeit des Versuchszentrums Laimburg und des Beratungsrings für Berglandwirtschaft BRING, seit nunmehr zwölf Jahren ein Monitoring mittels Pheromon-Fallen an diversen Standorten. „Den größte Schaden verursachen die Larven des Maiswurzelbohrers“, erklärt Anna Rottensteiner, „denn diese fressen an den Feinwurzeln der Maispflanze und bohren sich auch in die Wurzeln ein. Dadurch wird die Wasser- und Nährstoffversorgung der Pflanze beeinträchtigt. Zudem verliert die Pflanze an Stabilität“. Um den Maiswurzelbohrer in Schach zu halten, gibt es verschiedene Bekämpfungsmöglichkeiten. Als einfachste, wirksamste und kostengünstigste Maßnahme präsentiert sich die Fruchtfolge. Dabei sterben die Larven aufgrund des fehlenden Nahrungsangebots ab, und es lassen sich bereits durch einjähriges Aussetzen des Maisanbaus große Erfolge erzielen. Die Arbeitsgruppe Grünlandwirtschaft hat in den letzten Jahrzehnten Versuche an mehreren Standorten zum Anbau verschiedener Feldfuttermischungen (Leguminosen-Gras-Mischungen) durchgeführt. Alle drei derzeit empfohlenen Saatgutmischungen für den Feldfutterbau zeigten dabei gute Ergebnisse und könnten in Abhängigkeit des Standorts gut in eine Fruchtfolge mit Silomais eingebaut werden.

Südtiroler Stangenbohnen – eine agronomische Charakterisierung

Bohne ist nicht gleich Bohne. Aus diesem Grund nahm die Arbeitsgruppe Freilandgemüsebau mit Rhea Mack vom Versuchszentrum Laimburg eine agronomische Charakterisierung einiger Südtiroler Stangenbohnen-Landsorten vor. Dabei beschrieben die Forscherinnen und Forscher auf Anregung des Sortengartens Südtirol und der Landesbäuerinnen die Südtiroler Landsorten Burgstaller Schoatlen, die Großmutterbohne Ulten, die Kapuziner Lana, Karnol, Schlöggbohne und Ziano und untersuchten diverse Parameter wie Vegetationsmerkmale, Pflanzeneigenschaften, Hülsen- und Samencharakteristika. Insbesondere das Tausendkorngewicht, die Hülsen- und Samenerträge waren wichtige Betrachtungspunkte. Die Untersuchungen bilden eine wichtige Wissensgrundlage für die Weiterverwendung dieses kulturellen Erbes in der heutigen Landwirtschaft, was die Basis für ihre Erhaltung am Hof ist.

Speisehafer: ein Getreide mit Potenzial in Südtirol

Als Getreidedrink, Flocken oder Fleischersatz - Hafer gewinnt im Lebensmittelbereich zunehmend an Bedeutung. Der Anbau von Speisehafer ist in Südtirol noch relativ wenig verbreitet. Im Rahmen des Projekts „Sortenprüfung von Speisehafer“ hat die Arbeitsgruppe Acker- und Kräuteranbau des Versuchszentrums Laimburg die Anbaueignung verschiedener Speisehafersorten in Südtirol untersucht. Die verarbeitenden Betriebe stellen hohe Qualitätsanforderungen an den Speisehafer – der auch als Schälhafer bezeichnet wird – etwa hinsichtlich des Feuchtigkeitsgehalts für die Lagerung, Tausendkorngewicht, Korndicke und Hektolitergewicht. Die Sortenprüfung mit Speisehafer in Dietenheim bei Bruneck (2018-2021) zeigte, dass der Anbau dieser Getreideart in Südtirol grundsätzlich möglich ist und die meisten Sorten die Qualitätsansprüche erfüllen. „Unter unseren Bedingungen hat die Sorte Max am besten abgeschnitten, vor allem, weil sie den Anforderungen an den kritischen Qualitätsparameter des Hektorlitergewichts entspricht und eine günstige Kombination aus Ertrag und Qualität zeigt“, folgert Daniel Ortler, Mitarbeiter der Arbeitsgruppe Acker- und Kräuteranbau. „Auch die Sorten Earl, Elison und Prokop können empfohlen werden“, so Ortler.
Avena sativa, so der lateinische Name des Saathafers, bietet verschiedene Vorteile z. B. als sogenannte „Gesundungsfrucht“ für getreidelastige Fruchtfolgen, denn er ist keine Wirtspflanze für viele Getreidekrankheiten wie Halmbruch oder Schwarzbeinigkeit. Auch unterdrückt Hafer durch seine gute Bodenbedeckung und seine Wurzelausscheidungen Unkraut. Allgemein hat Hafer einen hohen Wasserbedarf und bevorzugt feuchte und kühle Standorte mit schweren oder mittelschweren, tiefgründigen Böden. Aufgrund seines guten Nährstoffaneignungsvermögens ist auch der Anbau auf nährstoffarmen Böden interessant.

Sortenprüfung bei Zitronenmelisse

Die Verwendung von Kräutern hat in Südtirol eine lange Tradition. Diese werden vorwiegend nach ökologischen Richtlinien auf kleinen Bergbauernbetrieben angebaut. An zwei Standorten – Gachhof (620 m MH) und Laurein (1100 m MH) – führte die Arbeitsgruppe Acker- und Kräuteranbau des Versuchszentrums Laimburg von 2018 bis 2020 Sortenprüfungen mit verschiedenen Zitronenmelissen-Sorten durch. „Ziel ist es, geeignete Sorten mit hohem Ertrag und hoher Qualität sowie geringen Auswinterungsschäden für hochwertige Kräuterprodukte zu identifizieren“, so Manuel Pramsohler. Die Forscher betrachteten im Rahmen der Sortenprüfungen außerdem Parameter wie Pflanzenhöhe, Anfälligkeit auf Krankheiten und Schädlinge, Gehalt und Zusammensetzung der ätherischen Öle. Einen sehr hohen Ertrag erzielten die Sorten Citronella und Citrina. Mit einem Ölgehalt weit über die Qualitätsanforderungen hinaus brillierten die Erfurter Aufrechte und Lemona. Sie erbrachten Ölgehalte von bis zu 0,87 %. In keinem der drei Jahre waren Auswinterungsschäden zu beobachten. Die Ergebnisse der Standortprüfung sprechen eine klare Sprache: In Südtirol lässt sich Zitronenmelisse erfolgreich und mit sehr hohen Ölgehalten anbauen. Dies trifft auch für Standorte auf über 1.000 m Meereshöhe zu.
Melissa officinalis L. kommt ursprünglich aus dem mediterranen Raum. Die Blätter des getrockneten mehrjährigen Krautes finden vielfach Verwendung als Hauptbestandteil von Kräutermischungen, Kräutertees und Kräutersalzen, ätherischen Ölen usw.

Diskussionsgruppen zur Bewertung und Weitergabe von Innovationen im Grünland

Wie können Innovationen im Grünland analysiert und die Ergebnisse praxisnah weitergegeben werden? Dieser Frage widmete sich der Vortrag von Franziska Mairhofer, ehemalige Projektmitarbeiterin des thematischen Netzwerks Inno4Grass am Versuchszentrum Laimburg und aktuell Grünland- und Ackerfutterbau-Beraterin beim BRING. Ziel dieses EU-Projektes war es, gemeinsam mit der Innovationsabteilung des Südtiroler Bauernbundes und dem BRING Diskussionsgruppen zu entwickeln, bei denen sich verschiedenste Akteure interdisziplinär und partizipativ austauschen und voneinander lernen können. Dabei finden Teilnehmerinnen und Teilnehmer verschiedener Bereiche wie Beratung, Forschung und Praxis zusammen und diskutieren unter der Leitung einer moderierenden Person einen bestimmten Themenschwerpunkt. Im Rahmen von Inno4Grass führte das Forschungsteam in Südtirol neun Diskussionsgruppen direkt vor Ort auf innovativen Grünlandbetrieben zu den Themenfeldern Kuh-, Schaf- und Ziegenmilch sowie Fleisch. „Die Diskussionsgruppen analysierten Innovationen am Betrieb und erörterten Möglichkeiten und Herausforderungen, aber auch Einschränkungen. Anschließend wurden die Ergebnisse aufbereitet, um sie an interessierte Landwirte weiterzugeben“, erklärt Franziska Mairhofer. Die Erkenntnisse der Diskussionsgruppen helfen nun anderen Landwirten, fundierte Entscheidungen zur Einführung innovativer Aspekte in ihrem Betrieb zu treffen. Die einzelnen Elemente der Methode wurden weniger oft genutzt, je komplexer und strukturierter sie waren. Wenn sie eingesetzt wurden, bewirkten sie aber positive Effekte auf den Erfolg der Diskussionsgruppe. Fest steht, dass sich der Einsatz interdisziplinärer Diskussionsgruppen durchaus lohnt.
Insgesamt waren 20 Projektpartner aus acht europäischen Ländern am Projekt Inno4Grass beteiligt und es wurden 145 Diskussionsgruppen geführt.

Die Präsentationen des siebten Expertenforums Berglandwirtschaft können unter folgendem Link aufgerufen werden: Präsentationen

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